3s | Was macht unsere Persönlichkeit eigentlich aus? |
6s | Das erklärt uns Professor Jule Specht von der Freien Universität Berlin noch etwas genauer. |
10s | Ihr Forschungsschwerpunkt ist die Entwicklung der Persönlichkeit bei Erwachsenen. |
14s | Herzlich Willkommen. |
16s | Frau Specht, wir haben es gerade in dem Beitrag über die Zwillingsforschung gehört: |
20s | Die Gene sollen uns viel stärker beeinflussen als die Umwelt. |
24s | Sehen sie das denn auch so? |
26s | - Da würde ich jetzt nicht glatt mitgehen, sondern ich glaube schon, |
29s | dass man sowohl Gene als auch Umwelt gleichberechtigt nebeneinander sehen muss. |
33s | Zwillingsstudien haben ja den Vorteil, dass sie uns Informationen darüber geben, |
37s | wie wir Unterschiede zwischen Personen erklären können, |
39s | also wie können wir erklären, dass eine Person anders ist als eine andere Person. |
43s | Und da zeigen diese Zwillingsstudien eben, dass ungefähr 50 Prozent der Unterschiede, |
48s | die wir beobachten können, auf genetische Unterschiede zurückzuführen sind, |
51s | aber eben auch ungefähr 50 Prozent auf Unterschiede durch die Lebenserfahrung von Personen. |
56s | - Also eher halb-halb. |
58s | Jetzt ist es ja so ein bisschen in die Mode gekommen, |
60s | auch von den Medien befeuert, |
61s | dass man ein bestimmtes Gen |
63s | für ein bestimmtes Persönlichkeitsmerkmal verantwortlich machen will. |
66s | Also beispielsweise Forscher aus Bonn meinen gefunden zu haben, |
69s | dieses eine Gen ist schuld für Vergesslichkeit, für Schusseligkeit. |
72s | Stimmt das denn überhaupt? |
74s | - Also prinzipiell wäre es natürlich wünschenswert, wenn wir irgendwann dahin kommen, |
77s | dass wir einzelne Gene mit Persönlichkeitseigenschaften assoziieren können. |
80s | Zurzeit sind wir da aber wirklich noch in den Anfängen. |
82s | Also, man muss sehr vorsichtig sein, |
84s | einzelne Gene auf einzelne Persönlichkeitsmerkmale zu versuchen zu beziehen, |
89s | sondern es scheint vielmehr so zu sein, dass sehr, sehr viele genetische Abschnitte dafür zuständig sind, |
96s | was für ein Persönlichkeitsmerkmal sich tatsächlich entwickelt, |
99s | da stehen wir noch ganz am Anfang. |
100s | - Also, da spielt doch jede Menge einfach rein. |
102s | - Genau. |
103s | - Sie haben ja die Daten tausender Deutschen ausgewertet |
105s | und man hat die über eine lange Zeit hinweg immer wieder befragt, |
108s | wie sich ihr Charakter, ihre Persönlichkeit verändert hat. |
110s | Was haben Sie denn da so herausgefunden? |
113s | - Ja, da haben wir ganz viele Sachen herausgefunden. |
115s | Eine Erkenntnis, die wir da zum Beispiel gewonnen haben, |
117s | ist, dass Personen sich in ihrer Persönlichkeit über die gesamte Lebensspanne verändern. |
122s | Das haben wir schon immer so gemutmaßt, aber was das Interessante dabei ist, |
126s | ist dass wir sehr starke Veränderungen im jungen Erwachsenenalter beobachten |
130s | und ebenso starke Veränderungen noch mal im hohen Alter. |
132s | Das hat uns tatsächlich überrascht, weil das bedeutet… |
135s | - Die Veränderung im hohen Alter, weil im jungen Alter könnte man ja sagen “ja, kann man sich vorstellen”. |
139s | - Genau, viele Personen finden das intuitiv nachvollziehbar, |
141s | dass man sich im jungen Erwachsenenalter verändert, da passiert ganz viel, |
144s | man ist noch dabei sich zu dem Menschen zu entwickeln, der man dann ist, |
148s | aber wir finden eben genau so viele starke Veränderungen im hohen Alter noch mal. |
152s | - Warum ist das so, warum will man sich ab 60 noch mal ändern? |
155s | - Das ist eine spannende Frage und da müssen wir tatsächlich jetzt erstmal anfangen zu forschen. |
159s | Also wir sind jetzt dabei, aus diesen Befunden, dass ich da so viel tut, zu testen, |
164s | was denn die Ursachen dafür sein können und wir konnten jetzt schon einige Sachen ausschließen, |
168s | wissen aber noch nicht so richtig, woran es tatsächlich liegt. |